Abstimmungsprinzipien in Eigentümerversammlungen

Veröffentlicht am 12. Oktober 2024 von Nathalia Brüseke

In einer WEG gibt es verschiedene Abstimmungsprinzipien- also verschiedene Arten, wie die Mehrheit bei einer Abstimmung im Zuge einer Eigentümerversammlung ermittelt werden kann.
So kann in einer ETV eine Abstimmung auch ganz verschieden ausgehen, abhängig davon, welches Abstimmungsprinzip zugrunde gelegt wurde.

Welche Abstimmungsprinzipien gibt es?

Es gibt drei allgemeingültige Abstimmungsprinzipien: Das Kopfprinzip, das Objektprinzip und das Wertprinzip.

Kopfprinzip

Beim Kopfprinzip hat jeder Eigentümer genau eine Stimme und zwar unabhängig davon, wie viele Einheiten er besitzt. So haben Eigentümer, welche mehrere Einheiten in einem Objekt halten, bei der Stimmverteilung keinen Vorteil gegenüber jenen Eigentümern, die nur eine Wohnung besitzen.
Es gilt also: Pro Kopf gibt es eine Stimme.

Objektprinzip

Das Objektprinzip ist ganz ähnlich anzuwenden wie das Kopfprinzip. Bloß wird hier nicht jedem Eigentümer eine Stimme zugeschrieben, sondern jeder Einheit. In diesem Fall hätte ein Eigentümer mit mehreren Einheiten also mehr Stimmen als ein Eigentümer mit nur einer Einheit- die Größe oder der Wert der Einheit spielen dabei aber keine Rolle.

Es gilt also: Pro Einheit gibt es eine Stimme.

Wertprinzip

Schließlich gibt es noch das Wertprinzip, welches von den anderen Prinzipien insofern abweicht, als dass man hier nicht auf einen Blick sieht, wer wie viele Stimmen hat. Stattdessen muss beim Wertprinzip etwas gerechnet werden, denn hier entscheiden die Miteigentumsanteile (MEA) darüber, wie viel Stimmkraft ein Eigentümer hat.

Auch hier kann es sein, dass ein Eigentümer mit mehreren Einheiten einen Vorteil hat- das muss aber nicht der Fall sein. Es ist ebenso möglich, dass einem anderen Eigentümer nur eine Einheit gehört, er aber dennoch einen höheren Miteigentumsanteil hat. Etwa, weil seine Wohnung deutlich größer ist.

Es gilt also: Die Stimmen werden auf Basis der MEA verteilt.

Schauen wir uns dazu ein Beispiel an

 

Dieses Objekt hat 10 Einheiten, welche auf 6 Eigentümer verteilt sind. Auch hat jede Einheit einen festgelegten Miteigentumsanteil, sodass die Gesamt-MEA sich auf 1000 Anteile beläuft.

Abstimmung nach Kopfprinzip:
Obwohl ein Eigentümer beinahe die Hälfte der Einheiten besitzt, hat seine Stimme nicht mehr Gewicht als die der anderen. Es gibt 6 Eigentümer, also insgesamt auch nur 6 Stimmen. Die Eigentümer mit jeweils nur einer Einheit können so auch die beiden Eigentümer mit mehreren Einheiten überstimmen.

Abstimmung nach Objektprinzip:
Hier hat Eigentümer A ganz klar einen Vorteil. Es gibt 10 Einheiten, also auch 10 Stimmen, von denen Eigentümer A alleine schon 40% besitzt. Eigentümer A kann also nur mit Eigentümer B oder mit zwei der anderen Eigentümer eine Mehrheit bilden.

Abstimmung nach Wertprinzip:
Hier muss bei der Stimmauswertung etwas mehr gerechnet werden. Obwohl Eigentümer A vier Einheiten besitzt, kommt er insgesamt auf ebenso viele Miteigentumsanteile wie Eigentümer C oder D für sich genommen- nämlich 100. Eigentümer E hat mit einer einzelnen Wohnung mit einer MEA von 200 sogar mehr Stimmanteile als Eigentümer A. Eigentümer B hält mit 450 Miteigentumsanteilen beinahe die Hälfte der Anteile, obwohl ihm nur zwei Einheiten gehören.

Hier sehen wir also, dass das Abstimmungsprinzip essentiell ist. Ein Eigentümer, welcher nach Objektprinzip ganz klar eine Abstimmung für sich entscheiden kann, könnte bei der Berücksichtigung vom Wertprinzip einen weitaus geringeren Einfluss nehmen.

So kann es zum Beispiel sein, dass Eigentümer A zwar viele Einheiten besitzt- dass alle Einheiten aber lediglich Stellplätze sind und daher einen geringeren Miteigentumsanteil ausmachen und Eigentümer, die Wohneinheiten besitzen, durch die Anwendung des Wertprinzips mehr Einfluss erhalten sollen.

Sonderfall: Mehrere Eigentümer teilen sich eine Einheit

Wenn eine Wohnung mehrere Eigentümer hat, zum Beispiel weil ein Ehepaar sich die Eigentumsrechte teilt, dann teilen sie sich die Stimme. Sie müssen also gemeinschaftlich abstimmen. Wenn die beiden sich nicht einig werden können, dann wird die Stimme als Enthaltung gewertet.

Wenn ein Eigentümer sich eine Einheit mit einem anderen Eigentümer teilt und zusätzlich noch eine weitere Einheit allein besitzt, dann hat er für die weitere Einheit wiederum eine eigene, zusätzliche Stimme.

Welches Prinzip gilt wann?

In der Teilungserklärung ist festgelegt, welches Abstimmungsprinzip standardmäßig verwendet werden muss.
Sofern die Teilungserklärung keine Informationen darüber enthält, gilt immer das Kopfprinzip.

Das Objektprinzip und das Wertprinzip müssen also explizit vermerkt werden, wenn sich in einer Abstimmung darauf berufen wird.

Oftmals ist das Kopfprinzip noch in älteren Teilungserklärungen vorgegeben, während die anderen beiden Prinzipien in neueren Teilungserklärungen häufiger verwendet werden.

Auch kann es sein, dass eine Teilungserklärung beim Abstimmungsprinzip noch weiter differenziert und es beispielsweise eine Klausel gibt, die besagt, dass ein einzelner Eigentümer nicht alleine bestimmen, also nicht über die Hälfte der Stimmen halten darf.

Was passiert, wenn das falsche Prinzip verwendet wird?

Sollte sich herausstellen, dass in einer Abstimmung nicht das richtige Stimmprinzip verwendet wurde, so ist das Ergebnis der Abstimmung zwar nicht nichtig, aber anfechtbar. Es besteht dann also die Möglichkeit, ein Gericht darüber urteilen zu lassen, ob die Abstimmung für ungültig erklärt wird.

Fazit

  • Gesetzlich festgelegt ist das Kopfprinzip; laut Teilungserklärung kann aber auch das Objektprinzip oder das Wertprinzip gelten
  • Kopfprinzip: Jeder Eigentümer hat genau eine Stimme
  • Objektprinzip: Jede Einheit hat genau eine Stimme
  • Wertprinzip: Die Stimmen werden entsprechend der Miteigentumsanteile verteilt
  • Bei Anwendung des falschen Prinzips wird das Ergebnis der Abstimmung anfechtbar

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